Anstrengender Einsatz von großem Erfolg gekrönt

Gelnhäuser Tageblatt vom 12.03.2011

12.03.2011 - BÜDINGEN

Von Michel Kaufmann

Büdinger Ärztin Dr. Ute Glock baut in Bolivien mit Franziskaner-Nonnen Frühförderzentrum für behinderte Kinder auf - Neue Reise geplant

„Manchmal hat es mich schon Nerven gekostet. Man stelle sich vor: 40 Minuten, um ein einziges Bild zu verschicken“, sagt Dr. Ute Glock. Einen Monat war sie in Bolivien, jetzt ist sie nach Deutschland zurückgekehrt. Für den Kreis-Anzeiger berichtete sie in den vergangenen Wochen in ihrem Reisetagebuch von ihrem Alltag.

Dem Projekt „Guarayos“ zuliebe, dass sie aufgebaut hat, setzte sie sich der strapaziösen Reise aus, um den Franziskanernonnen in Ascensión in Bolivien bei deren sozialen Projekten zu helfen. Den Tücken des bolivianischen Internets trotzend, schickte sie einmal pro Woche einen Bericht an unsere interessierten Leser in der Heimat.

„Oft ging in den Internet-Cafés gar nichts. Als Entschuldigung wurde dann das Wetter vorgeschoben“, erzählt sie. Erst, als eine der Nonnen ihr einen Laptop gab, habe sie ihrer Pflicht in den wenigen freien Stunden nachkommen können. „Das Schreiben ist ja auch ein Ventil. Irgendwie muss man die Dinge, die man hier erlebt, verarbeiten.“ Dass das Senden der Texte und vor allem der Bilder per E-Mail so lange dauerte, daran mag sie gar nicht mehr denken.

„Anstrengend war es, ja, aber auch von großem Erfolg gekrönt“, sagt Ute Glock über ihre Reise. Besonders stolz ist sie auf die Einweihung des Frühförderzentrums, dass auch in zwei ihrer Berichte Erwähnung fand. Die Idee für eine solche Einrichtung sei ihr und den Nonnen vor Ort gekommen. „Bei unseren Rundgängen fanden wir viele Kinder, die behindert sind. Wir mussten etwas tun.“

17 Kinder werden jetzt in der neuen Einrichtung betreut. Eine einheimische Pädagogin konnte ebenfalls verpflichtet werden. Die Stadt sei froh über die sozialen Projekte der Nonnen. „Hohe Beamte kamen, um uns zu danken. Sie geben offen zu, dass sie nicht wissen, wie sie so etwas machen sollen“, sagt Glock. In derselben Straße soll nun ein weiteres Haus renoviert werden. Dort wollen Glock und die Nonnen ein Ernährungszentrum unterbringen. „Wir haben Personal, wir haben das Gebäude, aber es fehlt noch an Geld“, sagt Glock.

Dass sinnvolle Hilfe nur vor Ort entstehen kann, zeigt die Geschichte von Ute Glocks neuester Idee. „Im Zuge des Ernährungsprojektes müssen wir uns ja auch um die Nachsorge kümmern, wenn die Kinder die Krankenstation verlassen.“ Aufgefallen sei ihr dabei, in welch katastrophalen Zuständen sich die Wasserversorgung befinde. „Wir holten das Wasser aus dem Brunnen und ich dachte: Meine Güte, was für eine Dreckbrühe!“ Ein Bekannter habe ihr dann ein Sandfiltersystem gezeigt. „Nach der Filterung ist das Wasser zumindest klar und von den gröbsten Parasiten gereinigt“, erklärt Glock. Daher wolle sie jetzt helfen, möglichst viele Brunnen mit solchen Filtern auszustatten. „Und man muss bedenken, wir müssen dann auch Leute dort haben, die die Filter installieren und warten“, sagt sie. Die Idee der mobilen Ambulanz, die eingerichtet werden sollte, habe man hingegen zunächst hintenan gestellt. „Im Moment ist das noch nicht reif. Außerdem haben wir keine Schwester, die sich dem annehmen könnte.“ Vergessen will sie die Idee aber nicht, sie soll zu einem späteren Zeitpunkt umgesetzt werden.

„Ich freue mich auch darüber, eine zunehmende Vernetzung beobachten zu können.“ Als Beispiel nennt Ute Glock ein Erziehungsprogramm von Plan International für Vorschulkinder. „Man erkennt unser Frühförderzentrum für behinderte Kinder als Teil dessen an.“ Es sei schön, zu sehen, dass nicht gegeneinander gearbeitet werde. Auch in der Grundschule „Nueva Esperanza“ habe sich viel getan, erzählt die Ärztin. „Die Nachfrage wächst, wir brauchen mehr Platz.“ Die vor einigen Jahren eingerichtete Geburtsklinik sei hingegen mittlerweile ein Selbstläufer. „Ich hatte gar keine Zeit, dort überhaupt mal vorbeizuschauen“, gesteht Glock.

Die Energie sei ihr in diesen Wochen nicht abhanden gekommen. „Ich hätte locker noch zwei, drei Wochen weitermachen können“, sagt sie und gesteht, dass dies nicht immer so gewesen sei. „Als ich im November 2009 in Bolivien war, gab es Zeiten, in denen ich sehr frustriert war. Da wollte ich eigentlich nur noch nach Hause.“ Ihr jetziger Besuch sei völlig anders gewesen. „Ich denke, das liegt auch daran, dass die Kommunikation mit den bolivianischen Nonnen und der Bevölkerung besser wird. Ich beherrsche die Sprache einfach viel besser und muss mich nicht mehr nur auf die deutschen Schwestern begrenzen.“ Das mache viel aus. „Es ist wie eine andere Dimension. Sich dort ohne Berührungsängste zurechtfinden, das ist toll. Es ist meine Belohnung“, sagt sie. Es war Ute Glocks achte Reise nach Südamerika. Ans Aufhören denkt sie nicht, die nächste Reise wird schon geplant. „Wenn das Ernährungszentrum eingeweiht wird, fliege ich runter. Das habe ich versprochen.“

Marwin Hehl