Bolivianische Fröhlichkeit wird Büdingen verzaubern

Gelnhäuser Tageblatt vom 08.08.2012

08.08.2012 - BÜDINGEN

So bunt und fröhlich wie die Kleider der bildschönen jungen Frauen, so lebhaft ist ihre Musik. Kaum wiegen sie sich geschmeidig zu ihren traditionellen Rhythmen, springt der Funke schon über, reißt mit, in einen Strudel von Klängen, drängt, sich einzufügen in die Rhythmen, und die Beine bewegen sich wie von selbst. Gelegenheit zum Mittanzen wird es reichlich geben am kommden Samstag, 11. August, beim Vorstadtfest in Büdingen. Ab 19 Uhr wird die bolivianische Tanzgruppe „Puerta del Sol“ die Besucher mit Musik und Tänzen begeistern, die sie aus der Karnevaltradition ihrer Heimat, der Hochlandprovinzen in Bolivien, mitgebracht hat.

Im Jahr 2001 erklärte die UNESCO den bolivianischen Karneval zum „Weltkulturerbe“. Motiviert durch dieses Ereignis, entschied eine Gruppe von etwa 50 in Frankfurt lebenden Bolivianern, sich unter dem Namen „Puerta del Sol“ (das Tor der Sonne) zusammenzuschließen, um der Welt die Tänze, die Kultur und Folklore ihrer Heimat nahe zu bringen. Die Tanzgruppe nahm seitdem an vielen Veranstaltungen teil, unter anderem dem „Karneval der Kulturen“ in Frankfurt, wo sie mehrmals hintereinander den ersten Platz erreichten, der „Parade der Kulturen“ in Hamburg und Berlin, dem „Karneval del Pueblo“ in London, dem „Rosenmontagszug“ in Düsseldorf sowie an verschiedenen Bühnenauftritten in ganz Deutschland. Bereits seit März 2007 ist „Puerta del Sol“ ein eingetragener Verein und unterhält nicht nur eine Tanzgruppe unter der Leitung von Elsa Nava, sondern engagiert sich auch für soziale Projekte in Bolivien.

Schon beim Büdinger Altstadtfest im Juni konnte man erleben, welch magische Wirkung „Puerta del Sol“ mit Musik und Tänzen auf die Zuschauer ausübt. Bei strömendem Regen stand die Gruppe ganz alleine auf dem Marktplatz und begann mit der Show. Nach und nach füllte sich der Platz, der Regen konnte prasseln, niemand spürte ihn mehr, und alle Anwesenden gerieten wie verzaubert in den Bann der Tänzer und Musikanten.

Die Büdinger Kinderärztin im Ruhestand, Dr. Ute Glock, hatte „Puerta del Sol“ für Büdingen entdeckt. Seit bald zehn Jahren ist sie für das Project „Guarayos“ in Bolivien tätig. Gemeinsam mit ihrem Team und in Zusammenarbeit mit den Franziskanern in Fulda und der Missionszentrale der Franziskaner bemüht sie sich, den Kindern in Bolivien eine Zukunft zu geben. Im Laufe der Jahre konnten sie mehr als 120 000 Euro sammeln und in verschiedenen Bereichen eine nachhaltige Verbesserung für die Kinder bewirken. So wurden für Krankenhäuser medizinisch-technische Geräte angeschafft oder eine ganze Entbindungsklinik ausgerüstet. Andere Projekte unterstützen die Familien in Fragen der Ernährung, Bildung, Frühförderung der Kinder und vermitteln Patenschaften.

Ute Glock sagt: „Ich hänge sehr an den Menschen in Bolivien, wegen ihrer Fröhlichkeit und Emotionalität, ihrer Musik, Farben und Unbekümmertheit.“ Doch wenn sie für ihre Projekte in Bolivien arbeite, rücke immer wieder nur der Ernst der dortigen Situation für die Kinder und Familien, die bittere Armut und Traurigkeit in den Vordergrund. Dies sei aber nicht Bolivien. Die Bolivianer seien ein fröhliches Volk, das seine Tradition lebe. Es würde viel gefeiert, mehr als in Deutschland. Als Ausgleich für das harte Leben im Hochland hätten Paraden, Karneval und Familienfeiern einen wesentlich höheren Stellenwert als in Deutschland.

„Puerta del Sol“ sei authentisch und loyal der Heimat gegenüber und nicht zu verwechseln mit jenen Musikgruppen, die mit Panflöten unterwegs sind und das Geld mit dem Hut einsammeln. Ute Glock hofft, in Zukunft auf noch intensiveren Kontakt mit der Gruppe, die ihr Projekt „Guarayos“ mit der, den Bolivianern eigenen, heiteren Natur unterstützen und dessen ideelle Werte hervorheben.

Marwin Hehl